
Ein wenig gegen den Strom schwimmen und seine Pflanzen in Hydrokultur zu ziehen, hat einige Vorteile.
Die Kehrseite ist allerdings, dass ihr euch nicht auf eure Erfahrung oder konvetionelles Gärtner-KnowHow verlassen könnt, wenn doch mal etwas schief geht!
Darum haben wir hier einige der häufigsten Probleme zusammengefasst, mit denen ihr bei Hydrokulturen rechnen solltet.
Gerade wenn euer Set-Up gesund ist und alles wie am Schnürchen läuft, solltet ihr mit diesen Hürden vertraut sein. So könnt ihr – im Falle des Falles – schnell und richtig reagieren.
Allgemeine Symptome hydroponischer Pflanzen und worin ihre Ursachen liegen
Von sehr herkömmlichen Problemen wie welken Blättern lässt sich nur schwer auf die darunterliegende Ursache schließen.
Der Prozess des troubleshooting , also der Suche nach der Fehlerquelle, kann sich über längere Zeit erstrecken – manchmal auch über mehrere Pflanzengenerationen.
In dieser Tabelle findet ihr die häufigsten Symptome (die man auch bei normal gezogenen Pflanzen finden würde) und einen Vorschlag, an welcher Schraube ihr zunächst drehen solltet.
Problem | Mögliche Ursache |
welke oder vertrocknete Blätter | Bewässerung,
Temperatur |
verbrannte Blätter | Düngerbrand starkes Sonnenlicht |
Keimling wächst zu langsam | zu schnell zu viele Nährstoffe gegeben |
Keimling wächst schwach und dünn | Zu wenig Licht |
Das behebt aber nur die einfachsten Probleme – bei denen solltet ihr eure Diagnostik natürlich auch ansetzen. Wird es komplexer, dann könnt ihr euch immer noch tiefer in die Materie reintigern:
Bewässerung – nicht zu viel, nicht zu wenig
Diese Probleme äußern sich von Aufbau zu Aufbau unterschiedlich.
Während in einem zu stark bewässerten Kratky-Aufbau die Pflanze erstickt und abstirbt, kann ein zu oft/stark beschwapptes NFT-System sich durch schlaffes Blattwerk oder im Extremfall aufgeplatzte Früchte verraten.
Zu wenig Bewässerung zeigte sich hingegen in vertrocknetem und braunem Blattwerk. Die Behebung kann wiederum von System zu System unterschiedlich sein.
Die Nährstoffaufnahme – vermutlich das komplexeste Thema
In Sachen Nährstoffe kann bei Hydroponik sehr viel schiefgehen.
Oder zumindest nicht optimal laufen. Was nicht weiter tragisch ist.
Geraten ein paar Parameter hingegen stark aus dem Ruder, hat das für Pflanzen oft fatale Folgen.
Der pH-Wert der Nährflüssigkeit
Der pH-Wert ist ein Indikator dafür, wie sauer oder alkalisch eine Flüssigkeit ist.
Pflanzen tendieren dazu, eher saures Wasser zu tolerieren, können aber im Allgemeinen zwischen pH-Werten von 5-7,5 gedeihen.
Jede Pflanze ist, was den optimalen Wert angeht unterschiedlich – besonders herausfordernd (aber nicht unmöglich) wird das, wenn ihr verschiedene Pflanzen im selben hydroponischen Kreislauf zieht.
Die Krux mit dem pH-Wert
Klar: ein zu saures oder basisches Milieu würde Pflanzen einfach zersetzen.
Aber auch um den neutralen Wert von 7 herum tut sich einiges, das eurer Pflanze schaden könnte.
Besondere Beachtung bekommt der pH in der Hydroponik in erster Linie deshalb, weil vom pH-Wert auch die Verfügbarkeit diverser Nährstoffe abhängt. Vereinfacht gesagt kann eine Pflanze in einem zu sauren oder basischem Milieu manche Mineralien nicht mehr aufnehmen. Das kann zu unterschiedlichsten Defiziten oder dem Absterben führen.
Was tun, wenn der pH-Wert nicht passt?
Wenn ihr beim troubleshooting am Ende den pH-Wert als Schuldigen im Visier habt, prüft euren Verdacht mit einer Probe der Nährflüssigkeit. Für die Feststellung des Wertes nimmt man entweder ein digitales pH-Meter oder einen Lackmus-Teststreifen.
Ein guter Wert, bei dem praktisch alle Pflanzen zufrieden sein sollten, ist 6. Alles was in einer Magnitüde von +/- 0.5 davon abweichet, könnte darauf hindeuten, dass ihr nachbessern müsst.
Und das macht ihr mit simplen Chemikalien. Phosphorsäure zum senken und Kaliumhydroxid um den pH-Wert anzuheben. Viele Hersteller bieten diese (oder andere Chemikalien mit demselben Effekt) als pH-Up bzw. pH.Down Lösungen an.
Andere Schwierigkeiten mit der Nährflüssigkeit
Auch unabhängig vom pH-Wert können Schwierigkeiten mit der Balance der Nährstoffe im Wasser auftreten.
Andere Probleme, die ebenfalls in diese Kategorie fallen sind zu stark oder schwach konzentrierte Nährflüssigkeiten.
Setzlinge und Keimlinge: häufig überernährt
Ein besonders häufiger Fehler ist das übereifrige Füttern während die Pfanze noch in ihren jüngsten Wachstumsstadien ist.
- Samen haben für üblich ausreichend Nährstoffe um sich über die ersten Etappen bishin zum Setzling selbst zu versorgen.
- Zieht ihr ab dem Samen oder Keimlingsstadium bereits mit fertiger Nährflüssigkeit, riskiert ihr, dass eure Pflanze überdüngt ist und nie richtig heranreift.
Nährstoff-Probleme bei adulten Pflanzen
Sind eure Pflanzen aus der Keimling- und Setzlingsphase herausgewachsen, äußert sich ein zu großes Plus an Nährstoffen meist in
- Verbrannten oder stark ausgetrockneten Blättern. Oft sind nur punktartige Areale der Blätter betroffen
In dem Fall müsst ihr die Nährflüssigkeit etwas verdünnen.
Zu wenig Nährstoffe – passiert mit der Zeit
Weniger oft, aber doch, passiert es, dass eure Pflanzen zu wenig Nährstoffe bekommen.
Das zeigt sich – je nach fehlendem Nährstoff – auf unterschiedlichste Art und Weise:
- Stickstoff-Mangel: fahle, gelbe Blattfärbung; Stiele färben sich bisweilen Violett
- Phosphor-Mangel: Gehemmtes Wachstum und Verdunklung der Pflanzteil
- Kalium-Mangel: Gelbe Blätter mit braunen Pünktchen. Führt früher oder später zu eingerollten Blättern
- Magnesium-Mangel: Besonders häufig bei Tomaten – Blätter werden gelb zwischen den Blattadern
- Calcium-Mangel: Vor allem bei Jungpflanzen – Krummes und verzerrtes Wachsum, evtl. feine Löcher im Blattwerk
- Eisen-Mangel: Markante Gelb-Färbung ausgehend von der Blattmitte, breitet sich nach außen hin aus.
- Bor-Mangel: Gehemmtes Wachstum und welke, braune Blattspitzen
Einem oder mehrerer dieser Probleme werdet ihr vor allem bei Früchte tragenden Pflanzen in Hydrokultur früher oder später begegnen. Zwar könnt ihr euch beim Ansetzen der Flüssigkeit auf die Hersteller-Angaben eures Düngers beziehen und verlassen.
Im Laufe der Zeit wird sich die Nährstoffzusammensetzung der Flüssigkeit allerdings ändern, weil die Pflanzen ja auch davon ziehen.
Ein Weg, diese Probleme zu vermeiden ist, Pflanzen mit ähnlichen Nährstoffbedürfnissen im selben Hydrokultur-Kreislauf zu ziehen, anstatt Kraut & Rüben zu mischen.
So könnt ihr die Nährflüssigkeit einmal korrekt auf die Pflanze abgestimmt ansetzen und dann in regelmäßigen Abständen testen und anpassen. Um Nährstoffkonzentrationen zu messen verwendet man Testgeräte, die die elektrische Leitfähigkeit des Wassers messen.
Diese Geräte geben keinen Aufschluss über die Konzentration bestimmter Nährstoffe. Habt ihr jedoch nur Pflanzen mit ähnlichen Bedürfnissen (oder noch besser: nur eine Pflanzenart) pro System-Kreislauf gepflanzt, versucht einfach so nachzudüngen, dass ihr einen ähnlichen (oder etwas geringeren) EC-Wert erzielt, wie bei der Ausgangs-Flüssigkeit.
Korrekte Lichtverhältnisse
Vor allem wenn ihr Keimlinge zu Setzlingen zieht, ist es wichtig, dass sie genug Licht bekommen.
Andernfalls riskiert ihr,
- dass die Pflanze nicht stark genug wird um sich dann auch im Substrat zu etablieren.
- Dürre, lange Triebe bei Keimlingen sprechen oft für zu wenig Licht bei der Aussaat: man spricht von Vergeilung. Die Pflanze bildet schwache, aber schnell wachsende Triebe aus, um möglichst bald dem Licht möglichst nah zu sein.
- Auch wenn eure bereits etablierten Setzlinge nicht stark genug wachsen, kann ein Mangel an Licht die Ursache sein! Sorgt für einen (schonenden & graduellen) Standortwechsel zu einem helleren Fleckchen.
- Im Umkehrschluss erzählen vertrocknete Blätter oft von starkem direkten Sonneneinfall, mit dem nicht alle Pflanzen umgehen können.
Künstliche Beleuchtung in der Hydroponik
Wenn ihr den Platz habt, Gemüse und Kräuter in großem Stil anzubauen, habt ihr vielleicht sogar eine Beleuchtungs-Anlage installiert, um auch im Winter maximales Wachstum zu erzielen.
Gerade wenn ihr dabei völlig auf Sonnenlicht verzichtet, müsst ihr viel Sorgfalt bei der korrekten Adjustierung der Beleuchtung walten lassen.
Häufig scheitert es hier an:
- minderwertigen Lichtquellen – spezielle LEDs die das volle Lichtspektrum emittieren sind erste Wahl
- falschem Abstand zwischen Pflanze und Lichtquelle – zu nah und das Blattwerk beginnt sich braun zu verfärben oder gar zu welken (nicht vergessen: so die Pflanze wächst, müsst ihr hier auch nachjustieren!)
- nicht ausreichend Licht für eure Operation – je nach Leistung braucht ihr vielleicht einfach mehr Lampen
- falsch geplante Beleuchtungszeiten – je nach Pflanze müsst ihr verschiedene Beleuchtungszeiten einhalten. Vielleicht habt ihr aber auch bloß die Zeitschaltuhr falsch eingestellt (kann passieren!)
Schädlinge in Hydrokultur
Befürchtet ihr einen Befall mit einem Schädling, prüft zunächst, auf welchen typischen Schädling die Symptome am ehesten zutreffen. Eine Übersicht aller Hauspflanzenschädlinge findet ihr hier.
Zumindest Wurzel-saugende Schädlinge und Pilzbefall, der Erde benötigt, sollten euch in Hydrokultur nicht (häufig) vorkommen.
Davon ab gibt es aber immer noch genügend andere Schädlinge, die sich an euren erdlos gezogenen Pflanzen vergehen können.
Spinnmilben etwa sind von der fehlenden Erde gänzlich unbeeindruckt. Dasselbe gilt für Thripsen und Läuse. Auch Trauermücken könnten sich einschleichen (und Schaden anrichten, wenn sie ihre Larven nahe der Wurzeln deponieren können).
Die schlechte Nachricht
In der Wahl eurer Waffen seid ihr in der Hydrokultur leicht beschränkt.
Liegt zum einen daran, dass ihr meist Gemüse für den Verzehr anbauen wollt und manche Pestizide dafür ungeeignet sind. Zum anderen ist es ein schwieriges Unterfangen, die Nährflüssigkeit mit einem Insektizid anzureichern, ohne dabei Parameter wie den pH-Wert zu verändern (was nur zu neuen Problemen führt).
Besonders in großen Anlagen empfiehlt sich hingegen, zu biologischen Mitteln zu greifen. Das wären z.B.
- Raubmilben gegen die Spinnmilbe
- oder Nematoden gegen die Trauermücke
- …
Eine Alternative (oder auch gute Ergänzung) stellen Klebefallen, wie z.B. Gelbsticker dar. Sie wirken allerdings auch nicht universell.
In letzter Instanz könnt ihr auch noch zu Sprays greifen, die auf das Laub aufgetragen werden (anstatt in das Gießwasser). Dabei riskiert ihr aber häufig, das Blattwerk zu stark zu reizen.
Ist der Befall auf eine oder wenige Pflanzen beschränkt, solltet ihr auch überlegen, diese einfach zu entfernen, alles zu reinigen, und von vorne anzufangen.
Probleme beim Aufbau eurer Anlage
Wenn ihr zum ersten Mal eine komplexere Anlage aufgebaut habt, müsst ihr praktisch damit rechnen, dass irgendwo etwas nicht ganz einwandfrei ist. Kein Grund zur Scham!
Algen im Reservoir
Vermutlich das häufigste aller Probleme im Aufbau hydroponischer Anlagen. Selbst erfahrene Hydroponikerinnen sind oft nicht gegen hartnäckigen Algenbefall gefeit.
Ein paar kleine Algen in Reservoirs oder Leitungen sind kein Weltuntergang. Gerät das Wachstum außer Kontrolle, kann das hingegen schnell:
- Leitungen verstopfen
- Wurzeln ersticken
- und nicht zu vergessen: sehr unangenehm riechen!
Die häufigste Ursache für ein Algenwachstum ist, dass einer eurer Wassertanks nicht Licht-dicht ist.
Achtet auf jeden Fall darauf
- Löcher für Pflanzgefäße (wie Netztöpfe) nicht größer als notwendig zu dimensionieren
- Deckel für eure Gefäße stets auf ihnen zu belassen
Habt ihr euch erstmal Algen eingefangen, sind sie oft schwierig wieder loszuwerden. Wartet am besten die nächste Ernte ab und wascht das Equipment danach gründlich, ehe ihr neu anbaut. Besonders stark befallene Komponenten ersetzt ihr am besten.
Ein Leck im System
Woran ihr ein Leck erkennt, muss ich vermutlich nicht schildern!
Und vermutlich wisst ihr auch, wo ihr zuerst suchen müsst:
- Dichtungen
- Schläuche
- und sämtliche Anschluss-Teile
sind übliche Verdächtige.
Vergesst auch bei Drip-Systemen nicht zu prüfen, ob nicht einer der Drips (z.B. wegen Verkalkung) das Nährwasser wild versprüht.
Soweit zu den typischen Problemen bei der Hydroponik!
Wenn euch weitere Probleme (und deren Lösung) einfallen, lasst uns am besten einen Kommentar da!
Kommentare? Nur her damit!